Super Markt?

Warum Supermärkte nicht so super sind, wie sie heißen.

Wer denkt bei einer hektischen Einkaufstour daran, dass Supermärkte eine zentrale Schnittstelle im globalen Lebensmittelsystem sind? Wer denkt dabei an ihre Rolle in der gegenwärtigen Ernährungs-, Energie-, Klima-, und Wirtschaftskrise?

Seit den 80er-Jahren ist eine massive (globale) Expansionswelle von Supermärkten festzustellen. Heute gehören Supermärkte zu den mächtigsten Akteuren im Lebensmittelgeschäft: In Österreich kontrollieren die drei größten Supermarktketten 80 % des Marktes (Rewe, Spar, Hofer). Kehrseite der Expansion sind Verdrängungsprozesse, die zu Verarmung und Verlust von Existenzgrundlagen führen. Auch unter Supermärkten wird ein harter Verdrängungswettbewerb ausgefochten: Österreich gehört zu jenen europäischen Ländern mit der höchsten Supermarkt-Dichte pro Einwohner*in. Diese Konkurrenz führt zu einem destruktiven Preiskampf, in dem die Supermärkte immer mehr die Standards diktieren: „Höchste Qualität, niedrigster Preis“. Dieser Druck wird direkt an Angestellte, Zulieferer und Bäuerinnen und Bauern weitergegeben.

Hinter die Supermarkt-Regale blicken!

Die Arbeitsbedingungen in Supermärkten sind sehr oft von unbezahlten Überstunden, Lohndumping, Gewerkschaftsfeindlichkeit, hohem Überwachungsgrad und prekären Verhältnissen geprägt. Davon sind besonders Frauen und Migrant*innen betroffen.

Zugleich liegen die Preise für Bäuerinnen und Bauern weltweit vielfach unterhalb der Produktionskosten und sind mit einer dauerhaften Erfahrung von Entwürdigung und Selbstausbeutung verbunden. Darüber hinaus bedeuten sie eine konkrete Existenzgefährdung. Das ist einer der Gründe, warum die Anzahl kleinbäuerlicher Betriebe ständig abnimmt.

Die negativen Folgen sind unübersehbar. Letztendlich gibt es die vielgepriesenen Supermarktwaren nicht zum Nulltarif. Sie wären ohne systematische Verletzung sozialer Rechte und ökologische Zerstörung überhaupt nicht möglich.

Diese Widersprüche zeigen sich immer deutlicher und verschärfen die aktuelle sozial-ökologische Krise. Supermärkte propagieren gerne das Bild, besonders „grün-nachhaltig“ zu sein, z.B. mit der „Ja natürlich“- oder „Zurück zum Ursprung“-Schiene, oder neuerdings dadurch, mit „grüner“ Energie betrieben zu werden. Diese Strategien verschleiern jedoch eher die Probleme, die dem Großteil des Warenuniversums zugrunde liegen. Zudem geradten diese Strategien immer wieder in Konflikt mit dem Profitinteresse, welches wirklichen sozialen und ökologischen Zielsetzungen allzu oft konträr entgegensteht.

Doch sind nicht Supermärkte allein das Problem. Gestützt wird deren Macht durch eine tief verankerte imperiale Produktions- und Lebensweise. Diese baut auf einer kapitalistischen Landwirtschaft auf, deren soziale, ökologische und energetische Bilanzen negativ sind. Sie ist darauf ausgerichtet, alle Ressourcen in Richtung „kaufkräftige Nachfrage“ zu mobilisieren. Die damit verbundenen Auswirkungen reichen von Bodendegenerierung und Verwüstung als Folge von agroindustriellen Monokulturen, über Treibhausgasemissionen bis hin zu einem absurd hohen Transport-, Energie- und Verpackungsaufwand. Gleichzeitig spielen Supermärkte bei der weiteren Ausbreitung dieser Lebensweise eine Schlüsselrolle. Sie fördern einen „Wegwerf-Kapitalismus“, in dem mittlerweile am Weg vom Feld zum Haushalt 30 bis 50 % der Lebensmittel weggeworfen werden oder verloren gehen.

Die Realisierung einer „Welt ohne Hunger“ ist über Supermärkte nicht vorstellbar: Nicht für die Hungernden, sondern für die Habenden sind die Nahrungsmittel in der „Welt der Supermärkte“ bestimmt. Das Menschenrecht auf Nahrung spielt hier keine Rolle.

Eine Welt ohne Supermärkte?

Derzeit äußert sich die Macht von Supermärkten vor allem darin, dass für viele Menschen eine Welt jenseits von Supermärkten gar nicht vorstellbar erscheint. Viele Menschen wollen auch gar nicht auf die mit Supermärkten verbundenen Wohlstandsversprechen verzichten. Dies wirft viele Fragen auf. Zentral erscheint uns jedoch, die Kehrseiten der Supermarkt-Idylle offen zu kritisieren, anstatt sie – wie heute gängig – auszublenden. Zugleich ist zentral, Kämpfe solidarisch zu unterstützen und entlang der Wertschöpfungsketten konkret zu verknüpfen sowie Alternativen aufzubauen und weiterzuentwickeln. Die Zukunft der Landwirtschaft wird nicht an der Supermarktkasse entschieden, wie uns die Befürworter*innen der Konsument*innendemokratie weismachen wollen. Wir brauchen soziale Bewegungen, die auch die emanzipatorischen Gehalte der Bio- und der Fair-Trade-Bewegung aufnehmen und für einen grundlegenden Wandel der Gesellschaft in der Perspektive der Ernährungssouveränität eintreten. Voraussetzung ist dafür eine umfassende Demokratisierung des Lebensmittelsystems, die die Bedürfnisse aller Menschen und das gute Leben für alle ins Zentrum stellt. Für immer mehr Menschen wird klar, dass die Zukunft der Landwirtschaft und der Ernährung nur gemeinsam und solidarisch mit – und nicht gegen – Kleinbäuerinnen und -bauern, Arbeiter*innen und Umwelt in einer vielfältigen, gerechten und nachhaltigen Landwirtschaft möglich ist. Dies ist eine Zukunft, für die es sich lohnt, einzutreten. Eine Zukunft, die dann uns allen gehört.

Verfasst vom Aktionsnetzwerk Supermärkte

Dieser Artikel befindet sich in der Broschüre Ernährungssouveränität

Der Supermarkt-Alternativen-Flyer kann hier runtergeladen werden: Rückseite FlyerVorderseite Flyer